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Komfortzone ausdehnen statt verlassen: Traumasensibler Weg für Frauen mit Fawn Response

Aktualisiert: 21. Sept.


„Verlasse deine Komfortzone, sonst wirst du nie wachsen.“ Dieser Satz ist zum Mantra der Selbstoptimierungsindustrie geworden. Er klingt nach Mut, Stärke und Erfolg – doch für viele Frauen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben oder das Muster der Fawn Response in sich tragen, ist er alles andere als hilfreich.


Denn die Aufforderung, die Komfortzone zu verlassen, erzeugt Druck. Sie sagt unterschwellig: Du bist nicht gut genug, solange du nicht noch mehr leistest. Sie ignoriert, dass unser Nervensystem Grenzen hat, die Sicherheit brauchen.


Aus traumasensibler Sicht geht es nicht darum, die Komfortzone zu verlassen. Es geht darum, dein Containment zu erweitern – also den inneren Raum, in dem du Stress halten kannst, ohne dich zu verlieren. Schritt für Schritt, in kleinen 1%-Schritten, die korrigierende Erfahrungen ermöglichen. So entsteht Wachstum, das dich stärkt, statt dich zu überfordern.



Frau lächelt in die Kamera. Vor ihr stehen Frauen mit abwehrender Haltung.
Containment entwickeln, um zu dir und deinen Bedürfnissen stehen zu können. Um nicht Frieden um jeden Preis einzugehen.


Essenz für Eilige (Key Takeaways)


  • Die Komfortzone ist keine Bequemlichkeitszone, sondern die Sicherheitszone deines Nervensystems.

  • Die Aufforderung, sie zu verlassen, stammt nach meinem Verständnis aus einer leistungsgetriebenen Selbstoptimierungslogik.

  • Das Stresstoleranzfenster zeigt an, wieviel Stress du aushalten kannst, ohne aus der Balance zu geraten.

  • Traumasensibel geht es um Erweiterung des Containments, nicht ums Verlassen.

  • Die Fawn Response hält viele Frauen in Anpassung und verhindert, dass sie ihre Bedürfnisse leben.

  • Die 1%-Methode zeigt, wie Wachstum in kleinen Schritten möglich wird – sanft, sicher und nachhaltig.





In diesem Artikel findest du:


  1. Was die Komfortzone wirklich ist

  2. Das Nervensystem und das Stresstoleranzfenster

  3. Warum „Komfortzone verlassen“ schädlich ist

  4. Containment statt Selbstoptimierung

  5. Die Fawn Response: Anpassung auf Kosten der eigenen Bedürfnisse

  6. Die 1%-Methode – kleine Schritte, große Wirkung

  7. Vier traumasensible Schritte zur Erweiterung deines Containments

  8. Fazit





1. Was die Komfortzone wirklich ist

 

Die Komfortzone ist kein gemütlicher Sessel, aus dem man sich erheben muss, um etwas zu erleben. Sie ist ein psychophysiologischer Sicherheitsbereich, in dem du dich handlungsfähig und stabil fühlst.


Das Konzept geht zurück auf das Yerkes-Dodson-Gesetz (1908), das beschreibt, dass Leistung in einem mittleren Stressbereich am besten gelingt: zu wenig Stress führt zu Langeweile, zu viel zu Überforderung. Dazwischen liegt die Zone, in der wir uns entfalten können – die Komfortzone.


Für Frauen mit frühen Stress- oder Traumaerfahrungen ist diese Zone jedoch oft enger. Oft fühlt sie sich wie eine „Gehorsamszone“ an, in der du dich selbst zurücknimmst, um anderen zu gefallen. Sie ist geprägt von dem, was dein Nervensystem als sicher gespeichert hat – nicht unbedingt von dem, was dir wirklich entspricht.

 

Diese Zone ist der Raum, in dem du dich sicher und vertraut fühlst. Die Herausforderungen können mit den erlernten Mustern gemeistert werden, und deine emotionale sowie körperliche Balance bleibt relativ stabil.



 

 

Die 3 Ebenen des Stresstoleranzfensters.
Das Stresstoleranzfenster zeigt an, ob wir in unserer Mitte sind.

2. Das Nervensystem und das Stresstoleranzfenster

 

Das Stresstoleranzfenster, ein Konzept von Daniel Siegel, beschreibt die Bandbreite an Stress, die du aushalten kannst, ohne aus dem Gleichgewicht zu geraten. Es zeigt, wie flexibel dein Nervensystem auf Herausforderungen reagiert.

 

Bist du in deinem Stresstoleranzfenster, fühlst du dich sicher, präsent und handlungsfähig. Außerhalb dieses Fensters reagiert dein Nervensystem mit Übererregung (Hyperarousal) oder Untererregung (Hypoarousal). Das kann sich in


  • Angst,

  • Erstarrung,

  • innerer Unruhe,

  • erlebtem Druck,

  • gefühlter Enge oder

  • emotionaler Taubheit zeigen.

 

Welche Reaktionen kennst du, wenn du dich herausgefordert fühlst? Gibt es einen Druck und auch einen Widerstand? Fühlst du dich vielleicht sogar manchmal wie in einem Korsett gefangen?


Mach dir unbedingt bewusst, dass dein Stresstoleranzfenster stark von deinen frühen Erfahrungen geprägt ist. Warst du in der Kindheit liebevoll gehalten und angenommen, ist dein Fenster weit und flexibel. Hattest du dagegen traumatische oder stressvolle Erfahrungen, ist es oft enger. Das macht es schwer, mit neuen Situationen umzugehen, ohne in alte Überlebensreaktionen wie Fight, Flight, Freeze oder Fawning zu verfallen.



Die Komfortzone ist keine Zone der Faulheit, sondern die Sicherheitszone des Nervensystems.


3. Warum „Komfortzone verlassen“ schädlich sein kann

 

„Verlasse deine Komfortzone“ klingt nach Befreiung, ist aber oft ein Befehl, der innerlich Druck erzeugt.


  • Er vermittelt: Nur wer mutig springt, ist wertvoll.

  • Er kann Schuldgefühle auslösen, wenn du es „nicht schaffst“.

  • Er ignoriert, dass ein überlastetes Nervensystem in Panik oder Erstarrung kippt.


Für Frauen mit Fawn Response – also der Tendenz, Harmonie zu sichern, indem sie eigene Bedürfnisse unterdrücken – bedeutet dieses Narrativ: noch mehr Anpassung, noch mehr Selbstkritik.


Vielleicht kennst du das: Du sagst „Ja“, obwohl du „Nein“ meinst. Du unterdrückst deine Gefühle, um Konflikte zu vermeiden und Harmonie zu bewahren. Diese Anpassung hält dich in der Komfortzone – oder besser gesagt, in einer „Gehorsamszone“. Dort wirst du für dein verständnisvolles Auftreten geschätzt, doch innerlich spürst du Schmerz und eine verborgene Kraft – vielleicht sogar Wut, die nach Freiheit ruft.

 

Das Verlassen dieser Zone bedeutet, dich deinen Ängsten und dem Schmerz der Unterdrückung zu stellen. Das fühlt sich herausfordernd an, oft begleitet von Herzklopfen, innerer Unruhe oder Erstarrung. Deshalb bleibst du lieber in der vermeintlichen Sicherheit der Komfortzone – auch wenn sie dich einengt. Der Preis: Es wird innerlich immer enger. Es ist kaum Platz vorhanden für den Atem, die Lebendigkeit und die innere Kraft.


Traumasensibel gilt daher: Nicht springen, sondern schrittweise weiten.





4. Containment statt Selbstoptimierung

 

Containment beschreibt die Fähigkeit, mehr innere Aktivierung, Gefühle und Stress zu halten, ohne die Sicherheit zu verlieren. Früher reichte oft eine kleine Abweichung, um Angst oder Überforderung auszulösen. Mit erweitertem Containment kannst du spüren: „Ich bin in Aufregung – und ich bin trotzdem sicher.“


Jede korrigierende Erfahrung macht dein Nervensystem flexibler und stärkt deine Würde.


Containment bedeutet, innere Aktivierung halten zu können, ohne das Gefühl von Sicherheit zu verlieren.


5. Die Fawn Response: Anpassung auf Kosten der eigenen Bedürfnisse

 

Neben Kampf, Flucht und Erstarrung ist die Fawn Response eine vierte Überlebensstrategie. Sie bedeutet, dich anzupassen, um geliebt und akzeptiert zu werden – oft auf Kosten deiner eigenen Bedürfnisse.


Du sagst Ja, obwohl dein Herz Nein meint. Du lächelst, obwohl du innerlich angespannt bist. Du machst dich klein, um Konflikte zu vermeiden.


So fühlt sich die Komfortzone oft nicht wie Freiheit, sondern wie eine Gehorsamszone an – sicher, weil angepasst, aber eng, weil du deine Lebendigkeit zurückhältst.



Die Fawn Response ist eine Anpassungsstrategie, die auf Kosten der eigenen Bedürfnisse erfolgt.


6. Die 1%-Methode – kleine Schritte, große Wirkung

 

Veränderung fühlt sich oft riesig und bedrohlich an. Genau hier setzt die 1%-Methode an:


Du musst nicht springen, sondern nur einen winzigen Schritt gehen.


  • Ein ehrliches Nein in einer kleinen Situation.

  • 30 Sekunden länger Blickkontakt halten.

  • Eine eigene Meinung äußern, auch wenn dein Herz klopft.


Diese Microsteps summieren sich und trainieren dein Nervensystem darin, dass mehr Stress nicht gleich Gefahr bedeutet.

 

Die 1%-Methode ermöglicht korrigierende Erfahrungen in kleinen Schritten, die nachhaltig das Containment stärken.

Gerade für traumatisierte Menschen ist das entscheidend: Statt Überforderung entstehen Sicherheit, Vertrauen und Selbstwirksamkeit.





7. Vier traumasensible Schritte zur Erweiterung deines Containments


Damit die 1%-Methode wirkt und du so sanft deine Komfortzone ausdehnen kannst, verbinde sie mit diesen Schritten:


Innere Anteile wahrnehmen: Beobachte, wann du Ja sagst, obwohl ein Teil von dir Nein meint. Schreibe es auf, um deine Selbstwahrnehmung zu stärken.


Inneren Beobachter aktivieren: Stell dir vor, du stehst neben dir und beobachtest die Situation. So erkennst du: Heute bist du frei, anders zu reagieren.


Körper als sicheren Ort erleben: Tägliches sanftes Abklopfen oder Spüren deiner Körpergrenzen stärkt dein Gefühl von Raum und Würde.


Nervensystem regulieren: Atemübungen, Wahrnehmung der Schwerkraft, achtsames Bewegen oder sichere soziale Kontakte beruhigen dein System und fördern deine innere Sicherheit.


Wachstum geschieht nicht im Sprung ins Unbekannte, sondern in winzigen, sicheren Schritten im Tempo des Nervensystems.

Praxisbeispiel: Jessica und ihr Weg aus der Anpassung


Jessica lebte jahrelang in einer Beziehung, in der sie kaum Nein sagen konnte. Eine plötzliche Trennung hätte ihr Nervensystem überfordert. Mit der 1%-Methode begann sie, in kleinen Schritten ihre Wahrheit zu leben: zuerst in Nebensätzen, später in einem Gespräch, in dem sie standhaft blieb.


Ihr Herz raste, doch sie merkte: Sie war nicht in Gefahr. Dieses Erleben weitete ihr Containment. Am Ende konnte sie die Beziehung verlassen – nicht im Sprung, sondern in kleinen Schritten, die sie stärker und würdevoller machten.




Frau in der Natur umfasst sich liebevoll und wirkt würdevoll.
Deine innere Kraft wartet darauf, lebendig zu werden. Wage den ersten kleinen Schritt – ich begleite dich auf deinem Weg in die Freiheit deiner weiblichen Urkraft.

Fazit: Sanft Komfortzone ausdehnen statt abruptes Verlassen


Du musst deine Komfortzone nicht verlassen, um zu wachsen. Du darfst sie sanft erweitern. Dein Nervensystem wird dadurch flexibler, dein Containment größer, deine Würde spürbarer.


Die 1%-Methode erinnert dich daran: Jeder kleine Schritt ist genug. Er ist ein Akt der Selbstliebe – kein Beweis für Leistung.


Du bist nicht allein – ich begleite dich gern!


Wenn du dein Containment stärken und dein Nein würdevoll leben möchtest, begleite ich dich gern in meinem traumasensiblen Coaching. Vereinbare ein Kennenlerngespräch und finde heraus, wie kleine Schritte deine größte Kraft entfalten können.





Von Herz zu Herz, Gabriele



Über die Autorin:

Gabriele Westermann ist Feuerherzfrau, NI Traumacoachin und somatische Prozessbegleiterin. Sie unterstützt Frauen, die nach außen stark wirken und sich innerlich anpassen, dabei, People Pleasing und Fawn Response zu lösen, ihr Nervensystem zu beruhigen und klare Grenzen zu leben. Mit Empathie, Erfahrung und traumasensiblem Fachwissen öffnet sie einen sicheren Raum für Selbstliebe, Würde und weibliche Urkraft – damit aus Selbstzweifeln gelebte Authentizität wird. Du spürst den Ruf? Mehr unter www.feuerherzfrau.de

 
 
 

Kommentare


 

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Aufklärung:

Ich bin keine Ärztin oder Heilpraktikerin. Ich erstelle keine Diagnosen und gebe keine Heilversprechen ab. Traumasensible Coachings und meine Gruppenangebote ersetzen nicht die Behandlung durch einen Arzt, Psychologen oder Heilpraktiker, sind jedoch eine wertvolle Ergänzung zu laufenden Behandlungen und unterstützen die Selbstheilungskräfte. Laufende ärztliche Behandlungen und Anordnungen sollen weitergeführt, bzw. künftige nicht hinausgeschoben oder unterlassen werden. Falls du Gesundheits- oder psychische Probleme hast, empfehle ich dir einen Arzt*in, Psychotherapeut*in oder Heilpraktiker*in deiner Wahl zu Rate zu ziehen.

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© 2025 Gabriele Westermann

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