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feuerherzfrau

Dehne deine Komfortzone aus: 4 Tipps, um Nein zu sagen und die Fawn-Response zu überwinden

Aktualisiert: 16. Aug.

In diesem Blogartikel erfährst du

  • woher das Modell der Komfortzone stammt.

  • was die Prägung unseres Nervensystems mit der Komfortzone zu tun hat.

  • weshalb es Menschen mit ungelöstem Stresserleben schwer fällt, die "Komfortzone" zu verlassen.

  • weshalb die Bezeichnung Komfortzone nicht immer passt.

  • weshalb Menschen mit einer Fawn-Response in Babysteps die Komfortzone weiten sollten.

  • wie du mit 4 bewährten Strategien deine Komfortzone weiten und immer besser Nein sagen kannst.



Eine Katze mit geschlossenen Augen fühlt sich wohl - Feuerherzfrau
Finde Sicherheit und Halt in dir, um dich aus deiner Komrfortzone herauszuentwickeln.



"Du musst nur deine Komfortzone verlassen!", "Wenn du in deiner Komfortzone bleibst, bist du ein Feigling!", "Wenn du dich verändern willst, musst du mit der Angst umgehen können!" oder "Menschen, die in ihrer Komfortzone bleiben, liegen ein Leben lang auf ihrem Sofa!"


Welche Sprüche oder Aussagen zur Komfortzone sind dir bekannt? 

Es gibt zahlreiche Aussagen zur Komfortzone. Oft werden sie sogar als Druckmittel, zur Einschüchterung oder Abwertung von Menschen eingesetzt, denen Veränderung einfach nicht gelingt, nicht möglich ist oder die aus Angst nicht die erforderlichen Schritte gehen.


In meinem heutigen Blogartikel möchte ich aus der traumasensiblen Sicht beleuchten, was es mit der sogenannten Komfortzone auf sich hat. Und weshalb es für manche Menschen so schwer ist, diese magische Zone zu verlassen.



 


Woher stammt das Modell der Komfortzone eigentlich?


Das Modell der Komfortzone stammt ursprünglich aus der Psychologie. Wissenschaftler wie Robert M. Yerkes und John D. Dodson haben in den 1900er Jahren das sogenannte Yerkes-Dodson-Gesetz formuliert, das besagt, dass Leistung und Stress in einem umgekehrt U-förmigen Verhältnis zueinander stehen.


Das bedeutet, dass zu wenig oder zu viel Stress die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen kann. Eine moderate Menge an Stress, die sich innerhalb der individuellen Komfortzone befindet, kann jedoch zu optimaler Leistung führen.


Das Modell der Komfortzone wurde dann weiter entwickelt und dient seitdem als Metapher für den Bereich, in dem sich eine Person sicher und vertraut fühlt, keine großen Herausforderungen oder Ängste hat und dadurch in einer emotionalen und körperlichen Balance ist. Außerhalb der Komfortzone liegen hingegen unbekannte oder herausfordernde Situationen, die Stress und Angst verursachen können, aber auch neue Chancen und persönliches Wachstum ermöglichen.


Was hat die Prägung unseres Nervensystems mit der Komfortzone zu tun?


Bevor ich weiter auf das Konzept der Komfortzone eingehe, möchte ich dich fragen, ob dir das Stresstoleranzfenster oder window of tolerance bekannt ist? Daniel Siegel hat ein Modell entwickelt, das die Funktionsweise unseres autonomen Nervensystems und seine Reaktion auf Stress darstellt. Die Größe unseres Stresstoleranzfensters und somit die Fähigkeit, mit herausfordernden Situationen umzugehen, hängt von unseren frühen Prägungen ab.

 

Wenn wir fürsorgliche und einfühlsame Bezugspersonen hatten, die uns stärkende Erfahrungen ermöglichten, uns ein Gefühl von Angenommensein, Sicherheit und Verbundenheit vermittelten, haben wir ein positives Selbstwertgefühl aufgebaut. Wir haben möglicherweise ein starkes Vertrauen ins Leben entwickelt und sind in der Lage, gut mit Stress oder Herausforderungen umzugehen. Unser Stresstoleranzfenster ist in diesem Fall weit und flexibel.

 

Wenn unsere Bezugspersonen jedoch nicht immer einfühlsam waren oder wenn wir sogar bedrohliche Situationen erleben mussten, keine Erfahrungen von Selbstwirksamkeit gemacht haben, werden solche Erfahrungen in unserem Nervensystem als autonome Reaktionen abgespeichert. Dadurch wird unser Stresstoleranzfenster enger. Wir haben weniger Ressourcen, um mit Anforderungen adäquat umzugehen. Das bedeutet, dass wir leichter in Stress geraden als andere Menschen.




Die 3 Ebenen des Stresstoleranzfensters.
Das Stresstoleranzfenster zeigt an, ob wir in unserer Mitte sind.



"Wie sicher sich ein Mensch in der Welt fühlt, hängt oft mehr von seinen frühen Prägungen ab als von der gegenwärtigen Situation." ~ Verena König

Je mehr Sicherheit ein Mensch also in sich selbst fühlt, desto größer ist das Stresstoleranzfenster und desto leichter wird es dem Menschen gelingen, mit neuen Situationen, Herausforderungen und Ängsten umzugehen.



 


Warum fällt es Menschen mit ungelöstem Stress schwer, ihre Komfortzone zu verlassen?


Die Komfortzone ist in gewisser Weise eine andere Darstellung unseres Stresstoleranzfensters. Innerhalb dieser Komfortzone fühlen wir uns sicher und können mit den Anforderungen des Lebens (gut) umgehen. Deshalb bietet die Komfortzone auch keinen Komfort sondern Sicherheit.


Also ist die Komfortzone vor allem eine Sicherheitszone?!

Bedrohliche Situationen, unangenehme Gefühle oder zu viel Erregung kompensieren wir durch Leistung, Sport, Essen, übermäßigen Social-Media-Konsum etc., damit uns unser innerer Stress oder unangenehme Gefühle nicht aus dem Stresstoleranzfenster katapultieren. Mit diesen sogenannten Copingstrategien bewegen wir uns zurück in das Stresstoleranzfenster.


Wenn wir jedoch mit herausfordernden Situationen konfrontiert werden, Veränderungen anstreben oder lebensverändernde Ereignisse eintreten, können bei manchen Menschen Stressreaktionen aktiviert werden, die mit vergangenen traumatischen oder stress-assoziierten Erfahrungen verbunden sind.


In solchen Fällen befinden wir uns im Überlebensmodus. Wir können uns im Fight-, Flight- oder Fawn-Modus befinden oder uns im Freeze wie gelähmt fühlen. Stress-Symptome deines Nervensystem können dann so aussehen:


  • starke emotionale Reaktionen,

  • Aufregung,

  • Unfähigkeit, klare Gedanken zu fassen,

  • Angstgefühle,

  • kreisende Gedanken,

  • der innere Kritiker quatscht unaufhörlich dazwischen,

  • Erregtheit und innere Anspannung,

  • Bewegungslosigkeit oder Erstarrung,

  • Unfähigkeit Entscheidungen zu treffen,

  • Schwitzen,

  • man fühlt sich alleine auf der Welt, irgendwie verloren,

  • Erstarrung,

  • eingeschränkte Wahrnehmung (man kann rein physiologisch nicht mehr scharf sehen),

  • Angst davor, verlassen zu werden

  • oder sogar einer Entfremdung von uns selbst.

 

Auch Yerkes und Dodson haben den Zusammenhang zwischen hyper- und hypoarousal (hyperarousal ist Übererregung -> Sympathikus und hypoarousal ist Untererregung -> Parasympathikus) schon erkannt. Nach ihren Beobachtungen können Menschen Vorhaben nur dann umsetzen und die Komfortzone ausdehnen, wenn sie weder über- noch untererregt sind. Dies kann erreicht werden, wenn das Vorhaben für dich etwas fordernd, jedoch nicht herausfordernd ist.


Es ist also wichtig, die Größe und Inhalte deiner Schritte zu definieren.

Falls du dich derzeit in herausfordernden Lebenssituationen befindest oder du dich verändern möchtest und die oben beschriebenen Stressreaktionen bei dir erkennst, möchte ich dir sagen, dass diese Reaktionen völlig normal sind. Es ist wichtig, dass du deine Komfortzone behutsam erweiterst und dabei liebevoll mit dir umgehst. Denn dein Nervensystem befindet sich im Stressmodus. Das Nervensystem braucht Zeit für Veränderung. Deshalb ist es viel nachhaltiger, wenn du jeden Tag 0,1 % Veränderung anstrebst.



Komfortzone wie sie langsam ausgedehnt wird*Feuerherzfrau
Deine Komfortzone in deinem Tempo ausdehnen. Fühle dich bei jedem Schritt sicher.


Zu große oder zu schnelle Schritte können eine Übererregung und Stressreaktionen im Nervensystem auslösen. Das kann zu Rückschritten oder zum Stillstand führen.

 


Dehne deine Komfortzone aus, lerne in Babysteps aus der Fawn-Response auszusteigen und zu dir selbst zu stehen!


Ich möchte eine Szene aus meiner Vergangenheit mit dir teilen, die stellvertretend für die Schwierigkeiten stehen kann, zu sich selbst zu stehen. Während eines Fotoshootings sollte ich eine unbequeme Position einnehmen. Ich saß unbequem auf einem umgestürzten Baum und drohte wegzurutschen. Wenn ich heute zurückblicke, hätte ich einen Platzwechsel vorschlagen sollen. Damals habe ich mich stattdessen dazu entschlossen, gehorsam in die Kamera zu lächeln. Klar, ich wollte sympathisch rüberkommen. Denn ein lächelnder und herzlicher Mensch ist doch wertvoll, oder?


Und doch gibt es diesen Zusammenhang: Es gibt Situationen, die sich einfach nicht richtig anfühlen, in denen ich nicht konsequent für mich selbst eintrete und es einfach weglächle.


Dieses Phänomen hat einen Namen: Fawn Response. 

Vielleicht kennst du es? Die Fawn Response ist eine neurobiologische Unterwerfungsreaktion. Neben Kampf, Flucht und Erstarrung wird sie mittlerweile in der Traumafachwelt als die vierte Überlebensreaktion unseres Nervensystems betrachtet. Die Fawn Response kann in der Kindheit dazu dienen, eine Beziehung zu den wichtigsten Bezugspersonen aufrechtzuerhalten, indem Kinder lieb und brav sind - und dabei all die eigenen damit verbundenen Emotionen zu unterdrücken. Im Erwachsenenalter, wenn wir nicht mehr von unseren Bezugspersonen abhängig sind, haben wir natürlich viel mehr Verhaltensmöglichkeiten. Leider sind unser Nervensystem und auch innere Anteile noch in der vergangenen Situation verhaftet.


Kennst du das von dir selbst? Dass du "Ja" sagst, obwohl du eigentlich "Nein" meint? Dass du versucht, es anderen recht zu machen und dabei deine eigenen Bedürfnisse hinten anstellst? Dass du dich und deine Ich-Grenzen verlierst, wenn du mit anderen zusammen bist? Oder, dass du lächelst, obwohl du dich überhaupt nicht danach fühlt? Oder bist du stolz darauf, dass du überall für Harmonie sorgst?


Wenn du dies kennst, dann ist die Fawn-Response wahrscheinlich eine Überlebensstrategie von dir. Dann war Anpassung und lieb sein deine Rettung.


Wenn du mit der Überlebensreaktion Fawn-Response vertraut bist, dann empfindest du die Komfortzone vielleicht als "Gehorsamszone"!

Sei freundlich mit dir, wenn du diese Reaktionen oder andere kennst. Dein Nervensystem hat für dein Überleben gesorgt. Um in schwierigen Momenten authentisch zu sein und zu deinen Bedürfnissen stehen zu können, benötigen die betroffenen inneren Anteile (dein inneres Kind) deine heilsame und annehmende Unterstützung. Sie sehnen sich nach Sicherheit und Geborgenheit im Hier und Jetzt.


The slower you go, the faster you grow.

Von einem neurobiologischen Standpunkt aus betrachtet, ist es möglich in Babysteps, durch eine sanfte und traumsensible Herangehensweise neue neuronale Verbindungen in unserem Nervensystem und Gehirn entstehen zu lassen. So wird es dir gelingen, behutsam und nachhaltig deine Komfortzone zu verlassen, die Fawn-Response zu überwinden und mit innerer Stärke deine Grenzen zu schützen!



 


4 Tipps wie du achtsam deine Komfortzone ausdehnst und lernst, zu dir und deinen Grenzen zu stehen.



Junge Frau sitzt entspannt im Gras und wirkt selbstsicher.
Innere Stärke und Sicherheit in dir finden, um "Nein" sagen zu können.

Werde dir deiner inneren Anteile bewusst

Werde dir bewusst, in welchen Situationen du "Ja" sagst, obwohl du "Nein" meinst oder du deine eigenen Bedürfnisse zum Wohl der anderen zurückstellst. Forsche neugierig, in welchen Situationen du dich angepasst hast. Was möchte dieser innere Anteil von dir? Wie geht es dir damit, deine Bedürfnisse zurückzustellen?


Lausche, welche andere Stimme es in dir gibt. Welcher innere Anteil ist nicht damit einverstanden, dass du "Ja" gesagt hast? Vielleicht ist es ein freiheitsliebender Anteil oder ein genießender? Weshalb möchte er, dass du anders reagierst? Welche Bedürfnisse hat dieser Anteil?


Notiere deine Gedanken, Gefühle und Beobachtungen dazu.


Aktiviere deinen inneren Beobachter

Übe dich darin, bewusst einen Schritt zurückzutreten und aktiviere deinen inneren Beobachter. Dieser hilft dir, eine innere Distanz zu belastenden Gefühlen und Gedanken herzustellen. Er fungiert als Sicherheitsabstand zwischen dir und deinen Emotionen.


Stell' dir vor, du stehst gedanklich neben dir und betrachtest dich selbst. Nimm' alle Gefühle und Gedanken wahr, ohne von ihnen mitgerissen zu werden.

Durch diese Praxis kannst du dich selbst in herausfordernden Situationen coachen. Du kannst dich beispielsweise daran erinnern, dass es in der Vergangenheit überlebenswichtig war, es anderen Recht zu machen. Doch nun bist du erwachsen und selbstbestimmt.


Natürlich erfordert dies Übung. Es wird immer wieder Situationen geben, in denen es dir nicht so gut gelingt. Sei daher bitte freundlich und nachsichtig mit dir selbst.


Werde dir deiner Grenzen bewusst

Klopfe regelmäßig deine Körpergrenzen ab oder streiche sanft deine Körperkonturen entlang. Ganz so, wie es dir am angenehmsten ist.


Wenn du diese Übung regelmäßig machst, vertieft sich dein Körperbewusstsein und dein Gefühl für deine Grenzen. Du wirst es mit jedem Tag spüren, wie sich dein Zugang zu deinen Grenzen verfestigt. Wie es sich anfühlt, einen eigenen Raum - nämlich deinen Körper und darüber hinaus - zu haben. Tauche ein in dieses Gefühl und lasse es mit jedem Tag tiefer in dein Körpergedächtnis sinken, indem du dir 30 Sekunden Zeit nimmst zum Spüren.


Bringe dein Social Engagement System mit Regulationsübungen in Balance

Obwohl du es vielleicht nicht bemerkst, ist dein Nervensystem in einem überaktiven Zustand. Du hast eine außergewöhnliche Fähigkeit entwickelt, feine Signale anderer Menschen wahrzunehmen. Dadurch befindet sich dein Nervensystem immer in Alarmbereitschaft. Um deine Komfortzone zu erweitern, ist es wichtig, dass dein Nervensystem ein Gleichgewicht erreicht und dein Social Engagement System (ventraler Vagus) oft aktiv ist. In diesem Zustand fühlst du dich sicher und kannst Herausforderungen auf liebevolle Weise annehmen.


Es gibt zahlreiche Regulationsübungen. Einige findest du in den anderen Blogbeiträgen oder auf einem Instagram-Account.


Ich freue mich, wenn mein Blogartikel dich inspiriert hat und du motiviert bist, auf deine Weise und in deinem Tempo achtsam und liebevoll deine Komfortzone zu weiten.


Herzlichst, Gabriele


Möchtest du, dass ich als Unterstützung an deiner Seite stehe, während du lernst, deine Komfortzone in deinem Thema auszuweiten? Damit du "Nein" sagen und dir selbst treu bleiben kannst?




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